Applaus ist nicht mehr

Von einer Krankenschwester*

Zu Beginn der Pandemie war die Verunsicherung groß; niemand kannte sich gut mit der Erkrankung aus. Wir hatten große Angst, uns anzustecken. Wir hatten nicht ausreichend Schutzmaterial auf den Covid-Stationen. Über Wochen waren FFP-Masken und Schutzkittel rationiert. Es gab keine Tests für uns. Das allein war schon eine riesige Belastung.

Das Arbeiten in unseren Covid-Bereichen bringt meine Kolleg*innen und mich oft über unser Limit. Viele sind so erschöpft, dass sie weinend zusammenbrechen. Stundenlang in der vollen Schutzausrüstung – das macht dich fertig. Du bist durchgeschwitzt, dein Kopf brummt, die Zunge klebt dir am Gaumen, aber du kannst das Zimmer nicht einfach verlassen, wenn es den Patient*innen schlecht geht. Ablösen kann dich oft niemand, denn es gibt einfach zu wenig Personal. Du musst alles im Blick behalten: alle Infusionen, alle Geräte – es darf kein Fehler passieren. Statt für ein oder zwei schwerstkranke Intensivpatientinnen, sind wir in den meisten Schichten für drei oder vier verantwortlich, manchmal sogar mehr. Viele Tätigkeiten, die du vorher mit zwei Kolleg*innen gemacht hast, machst du jetzt alleine, weil einfach niemand zu Hilfe kommen kann.

Es ist sehr belastend, wenn wir sehen, dass ein Patient es ohne Beatmung nicht schaffen wird, obwohl er so kämpft. Dann weiß der Patient – aber auch wir – dass er vielleicht nie wieder aufwachen wird.

Es sterben viele Patient*innen. Sie werden in schwarzen Leichensäcken von der Station gefahren. Zeit, sich damit auseinanderzusetzen, bleibt nicht. Das Zimmer muss schnell wieder aufbereitet werden, damit ein nächster Patient kommen kann. Nach den ersten Wellen haben wir immer gedacht, dass bessere Vorbereitungen getroffen werden, was das Schutzmaterial angeht, Schulungen für Kolleg*innen, die helfen wollen, Testkonzepte usw. Wenig bis gar nichts ist passiert. Stattdessen sind verschiebbare Operationen wieder hochgefahren und gesperrte Betten wieder geöffnet worden. Mittlerweile sind viele von uns nur noch müde.
Alle von uns waren bereit, in dieser besonderen Zeit, alles zu geben. Aber wir hatten auch erwartet, dass wir Unterstützung bekommen, nicht dass wir allein gelassen werden.
Wieviel Angst müssen die Krankenhauschefs davor haben, dass wir das alles öffentlich machen, wenn sie während der Pandemie zwei Pflegekräfte bei Asklepios in Hamburg und im Uniklikum Münster kündigen, weil sie über die Arbeitsbedingungen mit der Presse geredet haben!

Es gibt unter uns viele, die den Beruf hinschmeißen wollen, aber auch viele, die sehr wütend sind und sagen: Wir werden bleiben, aber wir werden jetzt erst recht kämpfen, damit sich endlich etwas verbessert!

* Die Krankenschwester arbeitet auf einer Covid-Intensivstation. Der Name ist der ZC-Redaktion bekannt.

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