Forderungen nach Impfgipfel: Für unter 10 Milliarden $ weltweite Versorgung mit mRNA-Impfstoffen sicherstellen? (Analyse von Public Citizen und Imperial College)
- Analyse des US-Thinktank Public Citizen zusammen mit Wissenschaftler*innen des Imperial College berechnet: Für unter 10 Mrd. $ könnten binnen eines Jahres zusätzlich 8 Mrd. mRNA-Impfstoffdosen hergestellt werden
- Deutschland trägt als Entwicklungsstandort der Impfstoffe von BioNTech und CureVac (zu 18% Eigentum des Bundes) eine besondere globale Verantwortung für ein Ende der Pandemie
- Zero Covid demonstriert in breiten Bündnissen vom 6.–13. Juni für Patentfreigabe und mRNA-Technologietransfer
Die gestern veröffentlichten Berechnungen von Public Citizen schätzen, dass für ca. 9 Mrd. $ bzw. 23 Mrd. $ genügend zusätzliche Impfdosen von BioNTech bzw. Moderna hergestellt werden könnten, um binnen eines Jahres die Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen durchzuimpfen. Voraussetzung ist ein koordinierter Aufbau von Produktionskapazitäten. Die Kampagne Zero Covid fordert die Bundesregierung dazu auf, alles daran zu setzen, dass in Zusammenarbeit mit den USA und durch gebündelten Transfer der mRNA-Impfstofftechnologien von BioNTech und CureVac auch in Schwellenländer ein derartiger Produktionsplan umgesetzt werden kann.
„mRNA-Produktionsstätten sind kleiner, billiger und schneller aufzubauen. Für eine Umrüstung auf mRNA-Impfstoffproduktion kämen viel mehr Betriebe infrage als bei anderen Impfstofftypen“, schreiben Dr. Zoltán Kis und Zain Rizvi in ihrem Bericht. „Die Frage ist: Werden die Verantwortlichen die dringend notwendige globale Anstrengung aufbringen?“, so Public Citizen weiter.
„Den mRNA-Impfstoffen kommt eine Schlüsselrolle für die Beendigung der Pandemie zu. Denn sie sind hochwirksam, nebenwirkungsarm und schnell an Mutationen anpassbar“, erklärt Jonathan Schmidt-Dominé von der Kampagne Zero Covid. „Dennoch werden von Moderna und BioNTech in diesem Jahr nur ca. 3,4 Mrd. Dosen produziert, vor allem für reiche Länder, die womöglich bald schon wieder Auffrischungen benötigen. Während in Deutschland AstraZeneca nur für Über-60-jährige empfohlen wird, steht den ärmsten Ländern fast kein anderer Impfstoff zur Verfügung. Die Totimpfstoffe aus China und Indien zeigen nur eine beschränkte Wirkung. Der Aufbau der nötigen Produktionskapazität für mRNA-Impfstoffe muss endlich als eine globale Aufgabe angegangen werden und nicht Gewinnerwartungen oder Standortinteressen untergeordnet werden. Wegen der leichten Anpassbarkeit an andere Krankheiten würde so auch für künftige Pandemien vorgesorgt.“
„Wir müssen den Zugang zu Impfstoffen ausweiten, auf geistige Eigentumsrechte verzichten und Technologietransfer unterstützen“, forderte bereits am Montag Prof. Richard Horton, Chef-Herausgeber der renommierten Fachzeitschrift The Lancet auf einer Podiumsdiskussion der Zero Covid Alliance:„Auch in den am weitesten durchgeimpften Ländern ist die Pandemie nicht vorbei und wir müssen extrem aufpassen“.
Die Kampagne Zero Covid wirbt schon seit Februar für das Teilen der mRNA-Impftechnologien unter nicht-exklusiven Lizenzen (z.B. über den von der WHO vorgeschlagenen mRNA-Technologietransferknoten) und einen global koordinierten Impfstoffproduktionsausbau entlang der gesamten Lieferkette – als eine von fünf Forderungen innerhalb einer konsequenten und solidarischen Pandemiebekämpfungsstrategie.
- Presseerklärung Public Citizen: https://www.citizen.org/news/public-citizen-roadmap-to-making-enough-vaccine-for-the-world-in-one-year/
- Analyse von Public Citizen (siehe Anhang): https://www.citizen.org/article/how-to-make-enough-vaccine-for-the-world-in-one-year/
- Podiumsdiskussion mit Prof. Richard Horton (The Lancet), Dr. Hu Yuan Qiong (Ärzte ohne Grenzen Medikamentenkampagne), Zero Covid UK, Zero Covid D-A-Ch u.v.m.: https://www.youtube.com/watch?v=pztQw8-_4eU